PROGRAMM 24 / 25
22.12.2024
J. S. Bach
WEIHNACHTSORATORIUM
1734 in Leipzig komponiert, wurde das Weihnachtsoratorium dort auch an den
Weihnachts- und Neujahrsfeiertagen 1734/35 uraufgeführt. Eigentlich ist es gar kein
„Oratorium“ im Sinne von dramatisch-musikalischer Darstellung biblischer Stoffe,
sondern eine Folge von sechs Kantaten für den 1., 2. und 3. Weihnachtstag, für
Neujahr, den Sonntag nach Neujahr und das Epiphaniasfest. Das Werk ist also im
liturgischen und künstlerischen Sinne eine Einheit, dessen originale Aufführung sich
über die schönste Festzeit des Kirchenjahres verteilt. Richtig bekannt und geschätzt
wurde es beim Publikum allerdings erst im 20. Jahrhundert. Bach hat einen
beträchtlichen Teil der Musik nicht neu für die Illustration der Weihnachtsgeschichte
erfunden, sondern älteren weltlichen Werken entnommen und äußerst geschickt mit
geistlichen Texten versehen. „Parodieren“ nannte man dieses zu Bachs Zeiten
durchaus übliche Verfahren. Nicht weniger als 17 Stücke der Partitur, darunter die
großen Eingangschöre der einzelnen Kantaten und viele bedeutende Arien,
entstammen Festkantaten, die Bach etwa zum Geburtstag der Königin und des
Kurprinzen von Sachsen und für andere weltliche Anlässe geschrieben hatte. Dass
Bach selbst die Kantaten zum Ganzen zusammengestellt hat, rechtfertigt die
Gesamtaufführung als Oratorium.
01.01.2025
Beethoven
9. SINFONIE
Beethovens künstlerisches Credo lautete: „Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie." Seine „Neunte" Symphonie von 1824 setzte mit einem ungewöhnlich großen Orchester ein starkes Zeichen. Etwa 50 Streicher, verdoppelte Bläser (darunter Piccoloflöte und Kontrafagott), Pauken, Große Trommel, Becken und Triangel sorgten gemeinsam mit einem vierstimmigen Chor für einen imposanten Klang, der in damaligen Räumen überwältigend gewirkt haben muss. Nach der „Eroica“ war sie die längste Sinfonie ihrer Zeit und die erste mit einem Vokalfinale.
Der erste Satz beginnt mit einer mysteriösen Quinte und führt zum kraftvollen Hauptthema. Düster und drängend wirkt das Allegro, das nur selten aufhellt, bevor es in einen schicksalhaften Schluss mündet.
Im zweiten Satz, einem Scherzo, verschwinden die anmutigen Spuren des Menuetts zugunsten eines rhythmisch energischen Tanzes, kunstvoll strukturiert mit fugatoartigen Passagen und dynamischen Steigerungen. Das Freudenthema des Finales klingt bereits im Wechsel von d-Moll zu D-Dur an, bevor der stampfende Tanz zurückkehrt.
Im dritten Satz entfaltet sich ein hymnisches, inniges Hauptthema, das Beethoven in variierenden Melodien weiterführt, die Türen zur Romantik weit öffnend. Die Idylle dieses Satzes wird immer wieder durch markante Fanfaren und Kontraste erschüttert, eine Idee, die später auch Mahler aufgreifen sollte.
Das Finale überrascht mit intensiven Dissonanzen und Zitaten der vorigen Themen, bis das Freudethema emporsteigt und den Chor zum Jubel bringt. Mit „O Freunde, nicht diese Töne" beginnt der Bass das Kantatenfinale und führt die berühmte Hymne auf „Freude, schöner Götterfunken“ an, die in einem revolutionären Marsch und einem machtvollen Choral gipfelt. Diese „Neunte" bleibt ein Meisterwerk, das durch seine Größe und Ambivalenz weiter Bestand haben wird.
ARCHIV
19.07. / 20.07. / 21.07.2024
Tilman Jäger
MISSA PACIS
Archaisch, universell und völkerverbindend ist der lateinische Messtext. Für den deutschen evangelischen Kirchentag 2015 wurde der alte Text von Tilman Jäger unter dem Titel Missa Pacis zeitgemäß vertont. Eindrucksvolle Klänge, mystisch-meditative Stimmungen, lateinamerikanische Rhythmen, eingängige Melodien und ein „Dona nobis pacem“ zum Mitsingen verbinden sich in der Missa Pacis zu einem Ganzen.
Die einstündige Komposition ist für 4–8-stimmigen Chor mit optionalen Solostimmen und Begleitband konzipiert. Das Werk ist durchgängig tonal, bietet aber eine stilistische Bandbreite, die von klassischer Chorsinfonik bis zu rhythmisch geprägten Chorsätzen mit Einflüssen aus Gospel, Jazz und Pop reicht. Die Stimmen für die Begleitband sind komplett ausnotiert. In einigen Teilen der Messe können die Instrumentalisten auch improvisieren.
[Quelle: Carus Verlag, Stuttgart]
23.03.2024
Arvo Pärt
JOHANNESPASSION
In seiner „Passio Domini nostri Jesu Christi secundum Joannem“ von 1982 gibt Arvo Pärt dem Hörer eine ganz neue, ungewohnte Möglichkeit, die Leidensgeschichte Jesu zu erfahren- anders als alle anderen Johannespassionen.
Geschrieben in Pärts Tintinnabuli-Stil, der zum einen an den Klang von Glocken erinnert, zum anderen auch stark an die Gregorianik angelehnt ist, vertont (im wörtlichen Sinne) er den lateinischen Bibeltext aus dem Johannesevangelium Kapitel 18 und 19 von der Gefangennahme Jesu bis zu seinem Tod. Es werden Klänge erzeugt, mit Moll- Dreiklängen, aber auch mit unaufgelösten Dissonanzen gearbeitet, und so eine Art Grundton der Passion erschaffen- asketisch und traurig. Koloraturen und musikalische Ausdeutungen oder Hervorhebungen sucht der Hörer vergebens, es findet sich auch keinerlei Zusammenhang zwischen Musik und Text. Dieser wirkt lediglich durch die Zusammenklänge der verschiedenen Stimmen, die alle denselben Rhythmus haben; durch die sich ständig ändernden Taktarten, die sich den einzelnen Worten anpassen; durch die Pausen, die im Stück genauso wichtig sind wie die Melodie und der Raum zur Entfaltung der Klänge geben; und durch den streng syllabischen Aufbau mit seinen langen Noten- ähnlich den gregorianischen Chorälen: einerseits eintönig, andererseits tief eindrucksvoll.
Auch in seiner Besetzung geht Pärt ganz eigene, minimalistische Wege: zwei Solisten als Jesus und Pilatus, vier Sänger als Evangelisten sowie der gemischte Chor für alle anderen Rollen. An Instrumenten finden sich dazu eine Violine, ein Cello, Oboe und Fagott und die Orgel. Aber auch die Instrumente agieren nicht selber, sondern doppeln nur die menschliche Stimme, dienen als Bindeglied in den Gesangspausen, füllen den Raum, geben Echo.
So entsteht ein Stück moderner Musik, in dem der Hörer nicht nur hören, sondern auch spüren kann, was die Evangelisten berichten. Ein Stück aber auch, auf das man sich ganz einlassen muss, um zu erleben, was Arvo Pärt meint, wenn er sagt: “Ich arbeite mit sehr wenigen Elementen und baue mit den allereinfachsten Mitteln meine Musik. Musik muss durch sich selbst existieren.“
[Text: Cordelia v. Nicolai]
01.01.2024
Mendelssohn
LOBGESANG
in b-Dur, Op. 52
„Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“, so beginnt und endet der „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, eine Auftragsproduktion der Stadt Leipzig, die bei Ihrem Gewandhauskapellmeister eine Festmusik zur 400-Jahr-Feier der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg bestellt hatte und der die Uraufführung in der Thomaskirche am 25.Juni 1840 auch selbst leitete.
„Die Nacht ist vergangen!“, mit diesem großartigen Chorsatz fasst Mendelssohn die zentrale Aussage seines Lobgesangs zusammen, „der Tag aber herbeigekommen. So lasset uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Der Triumph des Lichts über die Finsternis wird gefeiert und besungen, wobei der Komponist den Text aus Bibelzitaten und dem evangelischen Kirchenlied „Nun danket alle Gott“ (Martin Rinckart) zusammenstellt.
Hierbei folgt Mendelsohn der Oratorientradition des von ihm verehrten Johann Sebastian Bach; Mendelsohn hatte mit seinem Wirken in Leipzig einen großen Anteil an der Wiederentdeckung Bachs im 19. Jahrhundert in Deutschland. während er sich musikalisch an seinem vielbewunderten Vorbild Beethoven und dessen Neunter Symphonie mit ihrem großen chorischen Schlusssatz orientiert und seinen eigenen „Lobgesang“ zunächst auch als „Symphoniekantate“ bezeichnet. Der „Lobgesang“ wird in der gängigen Zählung später zu Mendelssohns zweiter Symphonie.
Zu Lebzeiten (1809-1847) genoss der sehr erfolgreiche Komponist, Enkel des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn, der das Vorbild für Lessings Nathan (des Weisen) war, trotz gelegentlicher antisemitischer Anfeindungen hohes Ansehen in der Öffentlichkeit. Er stammte aus einer konvertierten Hamburger jüdischen Bankiersfamilie und verkehrte in angesehenen gesellschaftlichen Kreisen, war bei Goethe zu Gast, und galt schon mit neun Jahren als musikalisches Wunderkind. Die systematische Verunglimpfung seiner Person und Musik, bei der Richard Wagner eine unrühmliche Hauptrolle spielte, setzte erst nach seinem Tod mit dem Nationalismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, als man seiner angeblichen „Judenmusik“ Unnatürlichkeit, Gefühlskälte und Plagiat vorwarf. Bilden Sie sich ein eigenes Urteil!
[Text: Mathias Langanky]
12.11.2023
W. A. Mozart
REQUIEM
In d-Moll
Vielleicht brauchen wir für unsere Wahrnehmung dieser Musik ihre ganze verworrene Entstehungsgeschichte: Mozart habe einen mysteriösen Auftraggeber gehabt, jenen „grauen Boten“, Mozart habe gefühlt, er sei vergiftet worden und habe dieses Requiem für sich selbst komponiert, die Rolle schließlich, welche sein Schüler, sein Nachfolger und der Liebhaber (?) seiner Frau Constanze als Vollender des Requiems gespielt habe, jener Süßmayr eben, – vielleicht brauchen wir diesen ganzen schwindelig machenden Hintergrund für die Wahrnehmung des Requiems, um mit der schrecklichen Tatsache fertig zu werden, dass unser glücklicher, Fröhlichkeit verbreitender Komponist der „Kleinen Nachtmusik“ und der „Zauberflöte“ mit kaum 35 Jahren einen bitteren, verzweifelten Tod (im Jahr der Zauberflöte!) starb und im Sterben uns „sein“ Requiem hinterließ und uns, damit seine Todesangst herausschrie. Da schreit uns unser Wolferl all seine Angst vor dem Sterbenmüssen entgegen, und es gibt keinen Trost und keine Erlösung, und selbst die Ehrlichkeit seiner Todesangst macht ihn zu unserem Liebling - und versöhnt uns vielleicht mit unserem eigenen Sterbenmüssen.
Selbst in den lyrischen, gefühligen Stellen, dem „Lacrimosa“ zum Beispiel, hören wir einen drohenden, tragischen Unterton, und wir spüren, wie das ganze Stück von tiefer untergründiger Sterbensangst und Todessstimmung durchzogen ist und von einem Flehen nach der Rettung vor dem Tod. Das Requiem ist ein ständiges Ansingen gegen die Todesangst, da gibt es wenig Tröstendes, das „Hosianna“ vielleicht noch am ehesten, da ist viel Verzweiflung und Flehen um die Rettung vor den „Strafen der Hölle“, da hören wir am „Dies irae“ den „Rex tremendae“ sein unerbittliches Urteil sprechen und sehen vor uns, wie die Verurteilten aus dem Jüngsten Gericht von Michelangelo vor dem „Richter im Gericht der Rache“ erzittern, bevor der Gottesdienst mit dem Sanctus in den gewöhnlichen Ablauf der katholischen Messe übergeht.
Die tiefe Hoffnungslosigkeit und Angst von „Sequenz“ und „Offertorium“ macht das Requiem so faszinierend. Man möchte mitschreien. Hier schreit jemand gegen seine eigene Sterbensangst an, ob es Erlösung geben kann, bleibt ungewiss. Wir sind alle Verurteilte. 1792 beginnt auf der anderen Seite Europas die Terrorphase der Französischen Revolution.
[Text: Mathias Langanky]
29.07.2023
Gitarrenfestspiele
YESTERDAYS TOMORROW
Eröffnungskonzert
Eine Reise durch Kulturen, Länder und Klänge für Chor, Gitarren und Kanun. Mit einer Uraufführung von Alon Wallach für Chor, Gitarrenduo und Kanun, einem Auftragswerk des chilenischen Komponisten Juan Antonio Sánchez für Chor und Gitarre, sowie Sergio Assad’s Komposition „Yesterday’s Tomorrow“ für Chor und vier Gitarren vereinen sich Musiker verschiedenster Nationen, Kulturen und Religionen. Sie bringen Musik unterschiedlichsten Ursprungs auf die Bühne im interkulturellen Dialog für eine Zukunft in Frieden: Duo KM, Duo Kaltchev, Muhittin Kemal, Nicolas Emilfork, Philharmonia Chor Reutlingen.
[Text: Gitarrenfestspiele Nürtingen]
18.06.2023
Paul McCartney
LIVERPOOL ORATORIO
Oratorium
Paul McCartney? Der Beatle? Ein Oratorium?
JA! Der Beatle hat tatsächlich und wahrhaftig ein Oratorium geschrieben, sein Liverpool Oratorio, geschrieben 1991 als Auftragsarbeit für das Orchester seiner Heimatstadt, das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, zum hundertfünfzigjährigen Jubiläum, während der Philharmonia Chor Reutlingen dieses Jahr immerhin sein dreißigjähriges Bestehen feiert.
Das Oratorio entstand allerdings zwanzig Jahre nach dem Ende der legendären Band in Zusammenarbeit mit dem Filmmusikkomponisten Carl Davis. McCartney verarbeitet darin seine Jugend und sein Leben in seiner Heimatstadt: Das Werk beginnt mit dem Titel „War“, wo inmitten des Weltkrieg-Bombenhagels ein Baby, Shanty, geboren wird, 1942 kam dort auch Paul McCartney zur Welt, und es endet mit dem Titel „Peace“, wo mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft der Sohn von Shanty zur Welt kommt. Zwischen diesen beiden Geburtsereignissen wird die Geschichte von Shanty und seiner Frau Mary Dee erzählt, einer sehr normalen Kleinbürgerfamilie. Mary Dee arbeitet sich in einem Büro mühevoll für die Familie ab, während Shanty mit seinen Männerkollegen sich im Wirtshaus betrinken geht. Es ist die Geschichte einer Familie, die trotz aller Mühen, Titel „Work“, und Krisen, Titel „Crises“, am Ende in Liebe und Versöhnung zusammenfindet und mit dem Neugeborenen im Arm einer besseren Welt entgegensieht.
Das Leben der kleinen Leute wird als großes emotionales Schicksal dargestellt, es entstehen eindrucksvolle Stimmungsbilder, die, auch wenn der Alltag nicht immer perfekt und problemlos verläuft, in einer Versöhnung mit der Welt und dem Leben münden. Musikalisch springt das Oratorio sehr reizvoll von einem Genre zum anderen, klingt erst wie moderne Kunstmusik, dann wie Beatles-Musik, wie neobarocke Kirchenmusik oder ein Musical, teils wie Hollywood-Filmmusik oder wie Klänge von Strawinsky.
[Text: Mathias Langanky]
13.05.2023
Chormusik der Romantik
JUBILÄUMS SERENADE
Werke von Dvorák, Bartók, Brahms & Schumann
Antonin Dvorák [1841 - 1904] komponierte seine Mährischen Klänge um die Mitte der siebziger Jahre im 19. Jahrhundert, also zur Zeit, als sein Name noch nicht in das Bewusstsein der breiteren musikalischen Öffentlichkeit gedrungen war. Dieses Werk erfreute sich schon bald nach Entstehung großer Popularität. Dank seiner Komposition wurde dem jungen Dvorák ein großzügiges Stipendium erteilt (Brahms war hier maßgeblich beteiligt), so dass er sich keine weiteren Exitenzsorgen machen musste. Dvorák sammelte Volkslieder, beobachtete intensiv die Natur und lauschte ihren Klängen. Wie schon der Titel andeutet, sind die Legenden im Vergleich mit den Slawischen Tänzen im Charakter überwiegend weicher und lyrischer, im Tonfall erzählender und freier. Gemeinsam ist den Zyklen die Verwendung volkstümlicher, eingängiger Themen.
Béla Bartók [1881 - 1945] suchte im Gegensatz zu romantischem Nachempfinden, nach der originären Musik der ländlichen Bevölkerung, die er selbst als „Bauernmusik“ bezeichnete. Vor allem durch seine intensiv betriebene musik-ethnologischen Forschungen vorwiegend in Osteuropa, aber auch in der Türkei und nordafrikanischen Ländern, erkannte er, wie wenig regionale Kulturen auf Nationalität zu beschränken sind und in welcher gegenseitigen Einflussnahme sie schon immer standen. „Meine eigentliche Idee ist die Verbrüderung der Völker. Dieser Idee versuche ich in meiner Musik zu dienen.“
Johannes Brahms [1833 - 1897] schreibt über seine 1868 entstandenen Liebeslieder op. 52 „Übrigens möchte ich doch riskieren, ein Esel zu heißen, wenn unsere Liebeslieder nicht einigen Leuten Freude machen.“ Die vertonten Texte aus Dauner’s Sammlung beruhen auf ungarischen, polnischen und russischen Vorlagen. 16 Walzer op.39 stellte Brahms 1865 fertig und widmete sie Eduard Hanslick. Vom ungarischen Geiger Eduard Reményi übernahm Brahms die Themen für seine Ungarischen Tänze.
Einer der populärsten Modedichter der Romantik, Manuel Geibel, zeichnete 1840 im „ Zigeunerleben“ ein farbiges poetisches, von zeittypischen Klischeebildern stark durchsetztes Bild vom sogenannten „Zigeuner“.
Robert Schumann [1810 - 1856] benutzte noch im selben Jahr das Gedicht als Textvorlage, um eine der populärsten klavierbegleiteten Chorballaden des 19. Jahrhunderts zu komponieren. Als fahrendes, fremdartiges Volk boten sich die „Zigeuner“ ungefragt als vorzügliche Projektionsfläche für romantische Sehnsüchte an, die mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun hatten. „Und die aus der glücklichen Heimat verbannt, sie schauen im Traume das glückliche Land“, heißt es nachdenklich. Und so wartet die Ballade gegen Ende in romantischer Schwermut mit der Ankündigung auf, dass der Sehnsuchtstraum von der Heimat im Morgengrauen wieder verlischt, wenn der Tross der Zigeuner weiterzieht.
[Text: Martin Künstner]